[:de]Aus den Tiefen der Erde: Rotorua & Taupo[:]

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Voll vernebelt

Die Stadt Rotorua ist im mittleren Teil der Nordinsel zu finden und vor allem für eines bekannt: Geothermische Aktivität. Schon von weitem kündigt sie sich durch intensiven Schwefelgeruch an, der keinen Zweifel an den hier unterirdisch stattfindenden Vorgängen lässt. Den hätte man aber sowieso nicht bekommen: Schon beim Spaziergang durch den Stadtpark werden wir von Dunst umhüllt, der den zahlreichen Heißwasserseen entspringt.

Es dampft, stinkt und blubbert wirklich aus jeder Ecke, jeder Erdspalte, jedem Gully. Natürlich gibt es in der Stadt mehrere Spas, die sich den wohltuenden Effekt des geothermisch aufgeheizten Wassers zu Nutze machen – das hat dann aber auch seinen Preis. Dabei gibt es heiße Quellen, die andernorts vielleicht als Seltenheit gelten mögen, hier in Form von Hot Pools gefühlt auf jedem Campingplatz, in jedem Hotel und auch in besagtem Stadtpark, wo wir schonmal ein entspannendes Fußbad nehmen.

Eine andere Welt

Wie man sich die heißen Quellen sonst noch zu Nutze machen kann, erfahren wir in Whakarewarewa, einem Mittelding zwischen Touristenattraktion und ganz normalem Maori-Dorf. Mit vollem Namen heißt der Ort übrigens Whakarewarewatangaoteopetauaawahiao (dabei wird das „Wh“ wie „F“ ausgesprochen), aber das kommt selbst uns erfahrenen Neuseelandreisenden nicht so leicht über die Lippen.

In dichten Nebel gehüllt, wirkt das Dorf viel weiter weg von Rotorua, als es eigentlich ist, und hält sich in einer seltsamen Schwebe zwischen Moderne und uralter Maori-Tradition. Als Tourist muss man sich natürlich unweigerlich fragen: Was hiervon wird mir präsentiert, was ist wirklich „echt“? Und natürlich gibt es auch hier die obligatorischen Souveniershops, aber insgesamt haben wir trotzdem nicht das Gefühl, Menschen und ihre Kultur wie in einem Zoo oder einem Museum zur Schau gestellt zu bekommen, sondern am wirklichen Leben der Maori teilhaben zu dürfen.

Vielleicht liegt das auch daran, dass hier keine Regierung und kein Städtecouncil die Finger im Spiel hat, sondern alles von den Bewohnern des Dorfs selbst gemanagt wird. So auch die Führungen: In unserem Fall übernimmt das eine junge Frau, die uns mit viel Witz, Charme und Authentizität auf die Besonderheiten des Dorfs aufmerksam macht. Einiges davon gehört der Vergangenheit an, wie die winzige, traditionelle Wohnstätte, die kaum mehr ist als ein Hüttchen aus dicken Ästen. Aber das whare tupuna, das mit kunstvollen Schnitzereien bedeckte meeting house, dient immer noch als Treffpunkt und Gemeindehaus. Es repräsentiert den Vorfahren Wahiao und für den, der sie lesen kann, stecken die Schnitzereien sicherlich voller Geschichte und voller Legenden. Wir als Unwissende können allerdings nur ihre Schönheit bewundern und vielleicht das ein oder andere erahnen – ansonsten müssen wir uns auf die Erklärungen unserer Führerin verlassen.

Natürlich dreht sich ein Großteil der Führung auch um die geothermische Aktivität, deren Nutzen die Maori in dieser Gegend schon seit Jahrhunderten zu schätzen wissen. Die Hot Pools werden bis zu 120° C heiß und eignen sich damit prima zum blitzschnellen Kochen von Gemüse. Der größte der Pools fängt in regelmäßigen Abständen an zu pulsieren, wodurch sich der Wasserspiegel hebt, Luftblasen aufsteigen und das Wasser überläuft – das wird dann praktischerweise gleich ins gemeinschaftliche Bad weitergeleitet. Aufsteigender Dampf wird in verschlossenen Öfen zum Kochen des traditionellen Hangi verwendet. So kann man hier im Dorf in den Genuss eines traditionellen im Hot Pool und Dampfofen zubereiteten Essens kommen, die Öfen werden von den Einwohnern aber auch ganz privat verwendet.

Auf unserem Rundgang sehen wir blubbernde heiße Quellen – eine davon trägt den passenden Namen „Grumpy Old Man“ – und Mudpools, die Heilschlamm ausspucken. Hier ist alles in Bewegung, auch Geysire gibt es zu sehen. Einer davon ist der größte der südlichen Hemisphäre und trägt den Namen Pohutu.

Ein großer teil der Maori Kultur sind allerdings auch Tanz und Gesang. Auch diesen bekommen wir in einer 30-minütigen Show zu sehen. Hier muss man nun wirklich „Show“ sagen, denn man kann sich zwar vorstellen, dass sich die Einheimischen zum gemeinsamen Singen und Tanzen treffen, jedoch nicht in diesem einstudierten Ausmaß und vor allem nicht in traditioneller Kleidung (die unserer Führerin zufolge auch unheimlich unbequem sein soll). Trotzdem ist es eine mitreißende Performance – natürlich verstehen wir kein Wort, aber die einmaligen Melodien, die mit großer Passion ausgeführten Bewegungen und die (teilweise sogar furchterregende) Mimik sprechen für sich. Wir fühlen uns beinahe in eine andere Zeit versetzt – aber nur so lange, bis es ans Selfie-Schießen geht.

Von dieser Kombination aus Natur und Kultur noch etwas geflasht machen wir uns auf den Weg nach Taupo. Bis wir dort ankommen, legen wir allerdings noch ein paar kleinere Zwischenstopps ein.
Den ersten machen wir am Redwood Forest, der, wie der Name schon sagt, Redwood-Bäume beherbergt. Hier gibt es einige schöne Waldspaziergänge und eine Art Baumwipfelpfad, der allerdings kostenpflichtig ist. Aber auch – oder vielleicht gerade – vom Boden aus entfalten die Mächtigkeit und die erhabene Größe dieser Bäume ihre beeindruckende Wirkung.

Ein gutes Stück weiter auf dem Weg liegt der Kerosene Creek, ein Bach, der mit heißen Quellen in Verbindung steht. Nur ein paar Minuten vom Parkplatz entfernt, lässt es sich hier wunderbar im heißen Wasser baden, das sich in einem kleinen Wasserfall in einen natürlichen Pool stürzt. Ob der Bach seinen Namen wegen der gelblich-grünen Farbe oder wegen des eigenwilligen Geruchs trägt, können wir nicht sagen. Aber hach, ist das entspannend! Da will man gar nicht mehr raus.

Kurz vor Taupo erreichen wir die Huka Falls und rechnen mit einem kleinen Spaziergang zu einem netten, unspektakulären Wasserfall. Da haben wir aber die Huka Falls unterschätzt! Als wir am Aussichtspunkt ankommen, sind wir überrascht. Zum einen von der Menge an Wasser, die sich in den Waikato River stürzt, aber auch von seinem enormen Druck und nicht zuletzt von der einmaligen türkisblauen Farbe, die sowohl der Fluss als auch der Wasserfall haben… Die paar Minuten Fußweg haben sich auf jeden Fall gelohnt.

Ein ertrunkener Vulkan

Die Stadt Taupo hat ehrlich gesagt nicht besonders viel zu bieten. Zwar gibt es auch hier einen natürlich heißen Bach, der in den Waikato River fließt; hier hat man also die Möglichkeit, gleich heiß UND kalt zu baden. Ansonsten mangelt es aber ziemlich an Sehenswürdigkeiten. Immerhin gibt es eine Bibliothek mit freiem Wlan. Taupo wäre also nicht besonderes, wäre da nicht der gleichnamige See.
Lake Taupo ist der größte See Neuseelands und liegt relativ genau in der Mitte der Nordinsel. Er ist vergleichsweise rund und entstand einst durch den Kollaps eines Vulkans, dessen Trümmer noch immer unter der beachtlichen Wasserfläche schlummern. Die Forellen, die hier mit Vergnügen geangelt werden, und selbst die Möwen halten den See für das Meer.

Wir hatten uns eigentlich damit abgefunden, den See nur vom Ufer aus zu erkunden, doch es kommt anders. Als wir nach unserem Aufenthalt im Tongariro National Park (Näheres folgt) nach Turangi – welches ebenfalls am See liegt – kommen, treffen wir auf einen freundlichen alten Herrn namens Graham. Nachdem er uns erst anbietet, unsere Wäsche bei ihm zu waschen, und uns auf eine Tasse Tee einlädt, fragt er uns tatsächlich, ob wir Lust auf eine Bootstour haben.
Wer würde da Nein sagen? Insgeheim haben wir auf eine solche Gelegenheit schon seit Beginn unserer Reise gewartet. Die Nacht verbringen wir geparkt auf Grahams Rasen, bevor wir am nächsten Morgen in aller Frühe aufstehen und zum See fahren.

Es herrscht eine ganz besondere Stimmung, als Graham das Boot zu Wasser lässt und wir einsteigen. Die Sonne geht gerade erst auf und färbt das seidig-glatte Wasser pastellgelb. Der See ist von Schwänen und anderen Vögeln bevölkert, die entspannt zwischen Schilf dahingleiten. Nichts stört die morgendliche Ruhe. Erst tuckern wir langsam hinaus, aber dann demonstriert Graham die volle Power seines Motorboots und wir sausen nur so über die Wasserfläche wie der Wind um unsere Ohren. Mann, macht das Spaß!

Graham macht mit uns eine kleine Tour um den See, dabei können wir ursprünglichen Busch bewundern und entdecken auch einen Wasserfall und den Dampf einiger heißer Quellen in der Ferne. Ich darf sogar selbst mal ans Steuer.

Vor allem sind wir aber wegen einem hier: Dem Fischen, denn wie viele Neuseeländer ist unser Gastgeber ein leidenschaftlicher Angler. Natürlich dürfen wir auch mal ran. Ich hätte nie gedacht, dass Angeln mit Freude bereiten könnte, aber der ruhige, fast wellenlose See und das sanfte Schaukeln haben schon was für sich. Nicht zu vergessen das Hochgefühl, als gleich beim ersten Versuch ein Fisch anbeißt! Gar nicht so einfach, den aus dem Wasser zu ziehen, ich kann ihn aber schon sehen – da entwischt er doch noch. Och Menno. Leider fangen wir auch bei allen weiteren Versuchen nichts.
Naja, da kommen wir (die wir alles andere als Fischliebhaber sind) immerhin nicht in die Verlegenheit, unseren selbst gefangenen Fisch auch essen zu müssen…
So oder so ist die morgendliche Bootstour auf Lake Taupo ein einmaliges Erlebnis und immerhin können wir jetzt von uns behaupten, den Unterschied und die Methoden von Fly Fishing und Trolling zu kennen

Aber nicht nur für die Bootstour, sondern auch für unzählige weitere Kleinigkeiten müssen wir uns bei Graham herzlich bedanken. Deshalb sind wir ein wenig traurig, weiterzufahren und glücklich, die neuseeländische Gastfreundschaft so ausgiebig erfahren haben zu dürfen.

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Kommentare

4 Antworten zu „[:de]Aus den Tiefen der Erde: Rotorua & Taupo[:]“

  1. Avatar von Gertrud
    Gertrud

    Ach, ihr Lieben, es ist alles was wir lesen so unglaublich und dazu die herrlichen Bilder von Niklas , ich denke ihr werdet
    diese Tage niemals vergessen (und wir auch nicht).
    Und jetzt ist auch der fantastische Neuseeländer aufgetaucht
    auf den ich schon gewartet habe- Wie schön, dass ihr ihm begegnet seid, wir sind begeistert! Wir freuen uns sehr auf euer Heimkommen, liebste Grüsse von Omama und Großi

  2. Avatar von Brigitta
    Brigitta

    Das Farnblatt ist Kunst pur!

    1. Avatar von Niklas
      Niklas

      Dankeschön!

  3. Avatar von Thomas
    Thomas

    Whow – was für eine schöne, erlebnisreiche Tour: tolles Geblubber und dann eine Bootstour mit „passender“ Angelerfahrung 🙂