[:de]Im Rausch in Otago – von Gold und Adrenalin[:]

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Die Stadt der Abenteuer

Den Jahreswechsel noch in den Knochen, lassen wir uns von Udo zur nächsten Station tragen: nach Queenstown.

Diese (nach neuseeländischen Verhältnissen) Großstadt entstand einst als kleine Goldgräbersiedlung und liegt idyllisch am Z-förmigen Lake Wakatipu. Die „Adventure Capital“ Neuseelands hat einen relativ kompakten Stadtkern, in dem sich Geschäfte, Cafés und Anbieter für allerlei Aktivitäten aneinanderreihen. Allerdings ist hier auch einiges los; tatsächlich wurden wir im Vorfeld mehrfach vor Queenstowns Verkehr gewarnt, der unglaublich anstrengend und Stau lastig sein soll. Als wir uns dann selbst mittendrin befinden, sind wir fast enttäuscht: Es geht zwar um einiges stockender voran, als wir es bisher erlebt haben, doch im Vergleich zu den regelmäßigen Staus auf der A8 ist das hier Entspannung pur. Heute stehen nur Orientierung, Information, Stadtbesichtigung und ein bisschen Shopping an; am nächsten Tag fahren wir den See hinauf bis nach Glenorchy. Die schöne Strecke führt uns – immer am Ufer entlang – durch ein herrliches Bergpanorama.

Auch das macht Queenstowns Lage einzigartig. Unterwegs nehmen wir uns Zeit, den See ein bisschen zu Fuß zu erkunden. Er hat wirklich eine tolle, intensiv blaue Farbe und erinnert mit den beachtenswerten Wellen ein wenig an das Mittelmeer.
Glenorchy selbst ist ein kleiner Ort mit einem schönen Strand, auf dem wir die Aussicht und das Wellenrauschen genießen.

Die Entspannung können wir auch gebrauchen, denn für morgen haben wir etwas ziemlich Aufregendes vor: Gestern in der Stadt haben wir spontan einen Bungeejump gebucht!

In der Nähe, genauer gesagt auf der Kawarau Bridge, wurde das kommerzielle Bungeejumping wie wir es heute kennen erfunden – von einem Neuseeländer, versteht sich. Den Sprung von der Brücke gibt es noch immer, doch der ist – nur! – 43 Meter hoch. Das reicht uns nicht: Wir wollen den höchsten.

Der Nevis Jump ist ganze 134 Meter hoch und damit der höchste Bungeesprung Neuseelands und Australiens. Die Aufregung steigt auf der Fahrt zur Schlucht, die an sich schon eine Attraktion darstellt: Nach einer Weile auf dem Highway geht es eine enge, steile Schotterstraße hinauf und uns wird klar, warum der Bus Allradantrieb hat. Dann kommen wir oben an – auf einer Art Plateau, auf dem das Gebäude der AJ-Hackett-Bungy-Company nicht weit von den steil abfallenden Hängen der Schlucht thront. Über dieser hängt an gespannten (und irgendwie doch recht dünnen…) Stahlseilen die Kabine, von der aus wir uns nachher in die Tiefe stürzen werden.

Fix werden wir mit Gurten ausgestattet und in einer kleinen Gruppe geht es mithilfe einer winzigen, offenen Gondel über die Schlucht bis zur Kabine. Tief unten sehen wir einen Fluss entlangfließen, was uns hätte beruhigen können, wäre das Wasser nicht höchstens 20 cm tief gewesen. Langsam wird uns etwas mulmig zumute.
Außerdem haben wir das Pech, dass heute ein ganz schöner Wind geht und das Springen nicht immer möglich ist Letztendlich müssen wir dadurch mehrere Stunden – statt der üblichen fünf oder zehn Minuten – in der Kabine verbringen. Dass sie mit reichlichen Fenstern ausgestattet ist und ständig hin- und herschwankt macht das qualvolle Warten nicht gerade besser.
Und dann geht es los! Ich werde angeschnallt und trippele mit zusammengeschnürten Beinen zur Plattform.

Bis zu diesem Moment war ich zwar aufgeregt und nervös, aber körperlich dennoch irgendwie entspannt. Jetzt dagegen spüre ich auf einmal, wie mir Adrenalin durch den ganzen Körper schießt. Jap – das ist wirklich ganz schön hoch.
Hinter mir wird 5-4-3-2-1 gezählt, ich springe ab und das Tal rauscht an mir vorbei.

Wahnsinn! Ich komme hoch und habe ein breites Grinsen im Gesicht. Unglaublich, so muss sich Fliegen anfühlen. Ich bin noch euphorisch, da ist bald auch schon Niklas dran und stürzt sich ebenfalls (laut schreiend, wie er später erzählt) in die Tiefe.

Ganz aufgekratzt sind wir danach. Super! Krass! Obermegakrass! Gleich nochmal!, denke ich begeistert. Aber nein, jetzt geht es zurück über die Schlucht und dann nach Queenstown, wo wir heute mal nicht kochen, sondern uns einen der berühmten Fergburger gönnen, oft angepriesen als der beste Burger Neuseelands. Das können wir zwar nicht überprüfen, aber die Schlange vor dem Eingang spricht für sich. Trotzdem geht es überraschend schnell, bis wir unsere saftigen Burger mampfen – mit Ausblick auf den See, versteht sich.

Otagos goldene Tage

Nachdem wir in Queenstown gewissermaßen das Pflichtprogramm absolviert haben, setzen wir uns für die nächsten Tage ein eher unpopuläres Ziel. Wir fahren zum Blue Lake, einem See, den es eigentlich gar nicht geben dürfte. Als ein Australier aber in Otago Gold entdeckte, wurde ein Hügel in der Nähe des Städtchens St. Bathans von tausenden Goldsuchern abgetragen, bis eine Grube übrigblieb, die sich dann mit Wasser füllte. Anscheinend war der Goldrausch in Otago eine größere Nummer: Nicht nur Queenstown, sondern noch unzählige andere – also gefühlt alle – Städte der Region begannen als Quartier für Minenarbeiter, obwohl die meisten auf einen Bruchteil der damaligen Einwohnerzahl zusammengeschrumpft sind.
Überreste aus dieser Zeit gibt es zuhauf: Wir kommen vorbei an einem Goldgräbermuseum und an authentisch erhaltenen (oder restaurierten?) Fassaden und Gebäuden, die ein bisschen an den wilden Westen erinnern.
Angekommen in St. Bathans, freuen wir uns auf die überall angepriesene „stunning blue colour“ des Sees – und werden enttäuscht, denn der Blue Lake ist nicht besonders blau. Er ist sogar im Vergleich zu anderen Seen eher unterdurchschnittlich blau, irgendwie grün-braun. Woran das genau liegt (Wind? Fehlende Sonne? Ein kürzlich zurückliegender Regenguss?), können wir nur spekulieren; der Weg, der am See entlangführt, gibt so oder so einen netten Spaziergang her.

Nachdem wir ein ganzes Stück zurückgefahren sind, machen wir uns auf in den Norden, denn im Inland Canterburys gibt es noch einiges zu sehen. Erst einmal kommen wir aber an einem riesen See an (die Südinsel ist ja voll von denen), der übrigens blauer ist als der Blue Lake. Es ist ein schöner, warmer Tag, also spannen wir die Hängematte und genießen unser Leben. Als sich der Tag dem Ende zu neigt, fahren wir nach Bendigo, einer Geisterstadt und natürlich einem weiteren Überbleibsel des Goldrauschs. Hier gibt es auf einem von Büschen bewachsenen Plateau alte Minenschächte und Überreste von Häusern zu entdecken, während die Sonne langsam hinter dem Horizont versinkt.

Spontan beschließen, wir, die Nacht hier zu verbringen (wobei wir uns zu 98% sicher sind, dass das legal ist), und einige Stunden später entfaltet sich über den Ruinen von Bendigo ein prächtiger Sternenhimmel.

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Kommentare

3 Antworten zu „[:de]Im Rausch in Otago – von Gold und Adrenalin[:]“

  1. Avatar von Thomas
    Thomas

    Stimmt. Ich bin auch froh, dass die Sprünge hinter Euch liegen. Tolle Erlebnisse und der Sternenhimmel ist fantastisch!

    1. Avatar von Niklas
      Niklas

      Haha kann ich verstehen. Wer weiß vielleicht treffen wir ja noch auf eine schöne Brücke oder einen verlockenden Felsen. Die Sterne kann man hier in Neuseeland wirklich sehr gut betrachten…es gibt eben viel weniger Lichtverschmutzung.

  2. Avatar von Ewald und Gertrud
    Ewald und Gertrud

    Hallo Angelina und Niklas,
    uns ist ein wenig schwindlig, nach dem Lesen und dem Betrachten der Bilder der letzten beiden Blogs. Quenstown bietet ja ziemlich Abwechslung zu Bergen, Wald und Seen. Bei der Schilderung der Bungee-Sprünge kommen wir fast ins Schwitzen, ihr seid ganz schön mutig.
    Die Beschreibung der ausgiebigen Mehrtagestour weckte in uns Erinnerungen an unsere vielen Wanderungen (Westweg) oder in den Allgäuer Alpen. Da waren wir auch viele Tage mit schweren Rucksäcken von Hütte zu Hütte unterwegs.
    Wir denken jeden Tag an euch und wünschen weiterhin viel Glück mit „Udo“ oder zu Fuß und freuen uns auf ein gesundes Wiedersehen.
    Omama und Großi