
Unterwegs auf dem Keplertrack
Ein Paradies für Wanderer und Bergsteiger: Auch das ist Neuseeland. Vor Allem die große Vielfalt an Wanderwegen ist beachtlich – von zehnminütigen Spaziergängen bis hin zu mehrtägigen oder sogar -wöchigen Touren bietet das Land alles, was das Wanderherz begehrt. Einige dieser längeren Wanderwege – neun sind es insgesamt – tragen die Auszeichnung „Great Walk“, und drei davon liegen im Fiordland National Park.
Da es für uns natürlich nicht infrage kommt, uns nach Weihnachten auf die faule Haut zu legen, und wir es kaum erwarten können, die Wildnis Fiordlands auf eigene Faust zu erkunden: Warum nicht einfach mal vier Tage in Wald und Bergen verschwinden? Diese Überlegungen kommen uns vergleichsweise lange vor der geplanten Aktion, doch als wir uns an die Buchung der Schlafplätze machen – entlang der Tracks stehen mehrere Hütten zur Übernachtung bereit – müssen wir feststellen, dass alle drei Great Walks in Fiordland auf viele Monate hinweg ausgebucht sind: Weder auf dem Milford-, noch auf dem Kepler- oder Routeburn Track ist noch ein Plätzchen frei. Damit schreiben wir die Sache enttäuscht ab – bis wir im Fiordland National Park Visitor Center erfahren, dass Freedom Camping entlang des Tracks erlaubt ist… solange man sich 500 Meter davon entfernt. Trotz dieser nicht allzu kleinen Barriere stürzen wir uns in die Vorbereitungen. Der Wetterbericht hält dazu an, am 26. Dezember zu starten und das ist bereits in zwei Tagen (von denen einer auch noch Heiligabend ist)! Erschwerend kommt hinzu, dass wir am 25. Natürlich alle Geschäfte geschlossen vorfinden. Unser Trip steht auf der Kippe. Wir planen also, was wir können, und legen am Morgen des 26. So richtig los: Es wird eingekauft, gepackt, ein Zelt samt Isomatten gemietet, und ab geht’s!
Wir haben uns für den Keplertrack entschieden, der von Te Anau eine große Schleife durchs Gebirge macht und wieder am Startpunkt endet. So wird uns eine lästige Busfahrt erspart. Kurz vor Beginn der Wanderung steigt die Aufregung: 60 km ist dieser Rundweg lang. Keiner von uns hat so etwas schon mal in dieser Form gemacht. Und ja, so ein Rucksack ist wirklich ganz schön schwer!

Wir denken lieber nicht zu viel darüber nach, sondern schnüren die Wanderschuhe und marschieren los. Das erste Stück führt uns entlang des Lake Te Anau bis zur Brod Bay. Lichter Wald, ein breiter, weicher Pfad und kaum Steigung machen uns das Gehen leicht. Hier treffen wir auch viele Familien, Jogger und Trailrunner, die dieses erste Stück als Spazierweg oder Trainingsstrecke nutzen. Immer wieder schimmert der See zwischen den Bäumen hervor und im Sonnenschein ist die Szenerie richtig idyllisch. Nach einer kurzen Pause am Strand des Lake Te Anau, bei der uns leider schon die ersten Sandflies belästigen, geht es allerdings erst richtig los mit dem Wandern. Wir entfernen uns vom See – sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung, wobei der Wald um uns herum dichter wird. Umgeben vom Grün und Braun der Bäume und unzähligen Farne kämpfen wir uns die steilen Serpentinen hinauf. Die stetige Steigung und das Gewicht der Rucksäcke, noch dazu der gleichförmige Bewuchs, der einem das Gefühl gibt, nicht wirklich voranzukommen, strengen uns ganz schön an. Immerhin können wir hin und wieder einen Blick ins Tal und somit auf den schon weit unten liegenden See erhaschen.
Dennoch sind wir erleichtert, als nach einer ganzen Weile etwas landschaftliche Abwechslung eintritt: Hohe Kalksteinfelsen flankieren den Weg zur Rechten, zur Linken machen die gewaltigen Bäume den spektakulären Blick auf ein bewaldetes Tal frei, Auch der Track selbst ist deutlich steiniger geworden; häufig müssen wir kleine Holzbrücken benutzen, um schmale, den Berg herabstürzende Bäche zu überqueren. Das letzte Stück kommt uns besonders anstrengend vor, doch dann lichtet sich der Wald, die Bäume werden niedriger – und schließlich passieren wir die Baumgrenze.
Es ist ein wahnsinniges Gefühl, aus dem Dickicht herauszutreten und der Blick, der sich uns öffnet, trägt dazu nicht wenig bei: Sanft gerundete Bergkuppen, mit goldgelbem Tussockgras, niedrigen Büschen und kleinen weißen Blümchen bedeckt, erstrecken sich in alle Richtungen; in der Ferne breiten sich zur einen Seite der Lake Te Anau, die Stadt und die umliegenden Felder aus, zur anderen sehen wir den nahen Lake Manapouri und über allem erheben sich die mächtigen Berge Fiordlands.


Beschwingt von diesem ersten Erfolgserlebnis setzen wir den Weg mit neuer Kraft fort. Das größte Stück bis zur Luxmore Hut haben wir bereits zurückgelegt; ca. 45 Minuten liegen noch vor uns. Dank der deutlich flacheren Steigung und natürlich der fantastischen Aussicht ist dieses Wegstück leicht erträglich. Verschiedenste Pflanzenarten und Stege, auf denen wir besonders empfindliche Zonen überqueren, sorgen zusätzlich dafür, dass uns nicht langweilig wird. Als wir schließlich die Hütte erreichen – wobei bei der Größe des Gebäudes „Hütte“ Fast der falsche Ausdruck ist – verweilen wir gar nicht lange, sondern machen uns sofort auf den zehnminütigen Weg zu den Luxmore Caves, denn wir hoffen, dort einen geeigneten Schlafplatz zu finden. Wie wir bei der Ankunft feststellen, handelt es sich bei diesen um ein ausgedehntes Höhlensystem, das man besichtigen kann. Wir steigen die Treppe hinab und schauen kurz hinein, entscheiden aber wegen wachsender Müdigkeit und fortgeschrittener Stunde, die Höhlenforschung lieber ausfallen zu lassen.


Nachdem wir uns einige (für mich schwer erträgliche) hundert Meter den Berg hinaufgeschleppt haben, schlagen wir unser Lager in der Nähe eines Bächleins auf – und entspannen erst einmal ein wenig in der Abendsonne. Tut das gut, diesen Rucksack und die drückenden Wanderschuhe loszuwerden!
Allerdings knurren auch schon die Mägen, weshalb wir uns ans Kochen machen. Im Outdoorladen haben wir – vermeintlich – Brennspiritus besorgt, um Niklas‘ Campingkocher zu betreiben. Schon nach wenigen Minuten ist jedoch klar, dass es sich um den falschen Alkohol handelt. Statt einer ruhigen, gleichmäßigen Flamme schlägt uns ein regelrechtes Inferno entgegen!


Einen Flächenbrand können wir gerade noch verhindern, die weitere Nutzung des Kochers auf diesem Track aber auch vergessen. Für den Couscous heute hat es gerade noch gereicht, aber ab morgen werden wir eine andere Lösung finden müssen. Jetzt sind wir allerdings erstmal fertig und erledigen alles Nötige (wie den Abwasch) so schnell wie möglich. Die Sonne neigt sich rasant dem Horizont zu und Niklas macht sich auf, um ihre letzten warmen Strahlen mit der Kamera einzufangen. Ich hingegen habe genug vom Laufen und kuschle mich schonmal in den Schlafsack. Bald darauf ist es dunkel und unsere erste Nacht in den Bergen bricht an.


Tag 2
Am Morgen, der mit einem spektakulären Sonnenaufgang beginnt, erwacht zumindest einer von uns frisch und munter. Ich hingegen habe aufgrund eines ordentlichen Hubbels im Boden wirklich mies geschlafen. Während Niklas also zu einem Morgenspaziergang aufbricht, nehme ich seine Isomatte in Beschlag – und schlummere in dieser einen Stunde so gut wie die ganze vergangene Nacht nicht. Danach bin ich auch wieder voll dabei und gemeinsam bauen wir das Zelt ab (was zum Glück recht schnell geht), bevor wir uns auf den Weg zur Hütte machen. Dort so hoffen wir, finden wir vielleicht jemanden, der unser Kochproblem lösen kann – etwa mit ein wenig Brennspiritus?

Ganz so läuft es leider nicht, doch gegen eine kleine Spende erlaubt uns der DOC[i]-Ranger, die Kochmöglichkeiten der Hütten zu nutzen. Also gibt’s erstmal ein ordentliches Frühstück mit Porridge, damit wir mit vollen Bäuchen, allerdings ungewöhnlich spät, in den zweiten Tag unserer Wanderung starten können. Diesmal wird nicht geschont: Es geht sofort steil bergauf. Noch immer sind wir von Graslandschaft umgeben, doch je weiter wir laufen, desto kleiner werden die Pflanzen und zahlreiche Steine und Felsen lugen zwischen ihnen hervor. Der Weg ist nicht unanstrengend, aber im Vergleich zum mühseligen Aufstieg gestern viel erträglicher. Vielleicht liegt das ja an dem atemberaubenden Blick auf die Berge Fiordlands oder daran, dass der Pfad uns zwischendurch auch mal ein Stückchen bergab führt. Trotzdem werden wir heute auf unserem Weg zwischen unzähligen Gipfeln hindurch den höchsten Punkt der Wanderung erreichen: Bis auf etwa 1300 führt sie uns hinauf. Das merkt man allerding auch am Wetter – es ist deutlich kälter als gestern und es weht ein unangenehmer Wind, sodass wir jedes Mal, wenn wir nur kurz verschnaufen, gleich ein paar Kleidungsschichten mehr anlegen müssen. Beim Laufen kommen wir dafür genug ins Schwitzen, um die Kälte auszugleichen

Entlang der Bergflanke kämpfen wir uns also tiefer und tiefer ins Fiordland und lassen es uns nicht nehmen, die letzten 170 Meter bis zum Gipfel des Mount Luxmore auch noch zu erklimmen (wofür wir allerdings unsere Rücksäcke unten am Track zurücklassen). Natürlich sind wir nicht die einzigen hier oben, trotzdem ist die Szenerie auf 1470 Metern herrlich. Weites Land und der schimmernde See erstrecken sich zur einen Seite, zur anderen erheben sich mächtige Bergketten bis weit in die Ferne. Zwischen ihren braungrün bewachsenen Rücken und den schroffen, felsigen Flanken sind auch einzelne Schneefelder zu erkennen. Da fällt einem doch nur eins ein: Wow.


Ab dem Mount Luxmore bewegen wir uns tendenziell talwärts; dennoch hält uns der Mount Luxmore noch eine Weile in diesen Höhen und in kargen Feldern aus Stein und Tussockgras. Hier und das reflektieren kleine Seen wie in einen Teppich gerissene Löcher den Himmel. Wir kommen am Forest Burn Emergency Shelter vorbei, einer kleinen Notfallhütte, die sich aber auch prima für die Mittagspause eignet. Wir allerdings marschieren weiter, denn wir haben noch einiges an Strecke vor uns. Von nun an wird der Weg mehr und mehr zu Gratwanderung, denn wir laufen auf einem schmalen Kamm. Vor uns schlängelt sich der Pfad in weiten Bögen zwischen den Gipfeln hindurch und scheint irgendwo in der Ferne zu verschwinden. Dieses Bild ist ebenso beeindruckend wie entmutigend, doch der Blick zurück verrät, dass wir auch schon eine ganz schöne Strecke hinter uns haben.


Wir kommen am Hanging Valley Shelter an, wo man einen fantastischen Ausblick auf das Tal hat, in das wir heute noch hinabsteigen wollen. Eigentlich will ich hier nur kurz die Toilette benutzen, doch als ich das Klohäuschen verlasse, macht mich ein anderes Paar auf etwas auf dem Dach aufmerksam – und tatsächlich sitzt dort ein Kea!
Diese neuseeländischen Bergpapageien gelten zwar als gefährdet, sind aber alles andere als scheu, sodass wir uns eher in Acht nehmen müssen, dass der freche Vogel nicht unsere Rucksäcke knackt. Es versteht sich von selbst, dass wir unter diesen Umständen die Toilettenpause noch etwas ausdehnen – vor allem, als sich zu diesem ersten Kea noch drei weitere gesellen. Auch im Wegfliegen sind sie ein schöner Anblick: Erst dann wird das grelle Orange ihrer Rücken und Flügelunterseiten sichtbar. (Eine extra KEA GALERIE gibt es ganz unten)


Mit guter Laune machen wir uns nach diesem Erlebnis an den weiteren Abstieg. Häufig geht es nun auch über Treppen abwärts, doch noch immer umgibt uns die gleiche Tussock-Landschaft…
Bis wir vor dem Wegweiser zu Iris Burn Hut stehen. Hier müssen wir einmal tief durchatmen, denn wir wissen, dass uns jetzt das steilste Stück unserer Reise bevorsteht. In beinahe halsbrecherischen Serpentinen windet sich der Track ins Tal hinab, bald schon sind wir wieder von dichtem Wald umgeben. Fast so anstrengend wie der Aufstieg tags zuvor, allerdings viel schlimmer für unsere Knie, bringt uns das ganz schön zum Schnaufen (und ein bisschen auch zum Jammern). Die schweren Rucksäcke darf man dabei auch nie vergessen.
Wir sind froh, als der Weg auch nur minimalst abflacht; so kommen wir sogar an den Fluss Iris Burn heran, nach dem unsere heutige Zielhütte benannt ist. Allerdings spüren wir mittlerweile auch die Erschöpfung in jedem Schritt und können es kaum erwarten, endlich anzukommen; die letzten Meter sind schwer zu ertragen, doch dann haben wir es geschafft und lassen uns erleichtert auf die sonnige Veranda der Iris Burn Hut fallen Leider über-fallen uns hier auch gleich Horden von Sandflies, sodass wir froh sind, ins Innere flüchten zu können.
Beim Kochen fällt uns auf, dass viele unserer Mitwanderer wohl etwas besser ausgerüstet sind als wir. Zwar haben wir schon darauf geachtet, möglichst leichte und platzsparende Lebensmittel mitzunehmen, mit dehydriertem Instantfood können diese aber auch nicht mithalten. Naja, da können wir halt noch was lernen.
Unser Nachtlager finden wir, nachdem wir mit hochgezogenen Hosen einen Fluss durchquert haben, zwischen einigen Büschen und im hohen Gras. Davon ist auch das Gebiet vor der Hütte hauptsächlich geprägt, nicht weit entfernt beginnt allerdings schon wieder dichter Wald. Vor uns hebt sich ein grün bewaldeter Berg wie eine Wand empor und erinnert uns an die Höhenmeter, die wir heute zurückgelegt haben. Trotz lästiger Sandflies lässt es sich unter diesen Umständen – gnadenlose Erschöpfung, aber auch Stolz – doch gut schlafen.

Tag 3
Erfrischt wachen wir auf, obwohl wir die 28,4 km deutlich in den Knochen, oder eher in Muskeln, Knien und Füßen spüren. Das Morgenlicht ist noch nicht am Boden des Tals angekommen, doch der Berg gegenüber ist bereits hell erleuchtet. Während ich noch den Anblick genieße, nutzt Niklas die Gelegenheit, u sich im Fluss zu waschen, den wir bald auch wieder durchwaten, um zurück zur Hütte zurückzukehren. Auch bei diesem Frühstück sind wir ganz alleine, wodurch wir aber die Gelegenheit haben, ein nettes Gespräch mit der Rangerin zu führen. Unter anderem geht es darin auch um Vogelrufe und wir erfahren, dass wir in der Nacht Moreporks, kleine neuseeländische Eulen, gehört haben.


Bald darauf beginnen wir mit den heutigen 16,2 km, die uns durch den Wald über einen Hügel und letztlich zur Moturau Hut führen. Im Vergleich zu gestern ist der heutige Wanderweg ein Kinderspiel. Ein weicher, erdiger Pfad verläuft zwischen hohen Bäumen; es geht mal etwas bergauf, mal etwas bergab und oft können wir den Fluss erkennen, der uns noch immer begleitet. Auch Vögel gibt es einige zu sehen, jedoch eher die Kleineren; eine Art, die „rifleman“ genannt wird, erinnert an winzige, herumflitzende Bällchen und ist damit lustig anzusehen.
Nach einer Weile lichtet sich der Wald kurzzeitig und wir kommen am Big Slip vorbei: Hier hat 1984 ein durch heftige Regenfälle verursachter Erdrutsch eine bleibende Spur hinterlassen.
Der dichte Wald umfängt uns bald wieder. Sonnenstrahlen erreichen immer öfter den moosigen Boden. In dieser Idylle kommen wir gut voran und kaum außer Atem, sodass wir uns die Zeit mit Gesprächen und allerlei Spielchen vertreiben und etwa zwei Drittel der Strecke schaffen, ohne eine nennenswerte Pause zu machen. Dafür gönnen wir uns eine ordentliche Auszeit am Fluss. Wir essen zu Mittag, hüpfen kurz in den kalten Fluss, ermorden noch ein paar Sandflies und genießen einfach die warme Sonne – und schwupps, sind schon wieder eineinhalb Stunden herum!
Jetzt müssen wir uns aber ranhalten. Das letzte Stück ist dann doch wieder irgendwie anstrengend (wenn auch kein Vergleich zum Abstieg zur Iris Burn Hut gestern), weshalb wir froh sind, als wir Lake Manapouri erreichen. Von hier aus ist es an seinem Ufer entlang nicht mehr allzu weit bis zur Hütte. Als wir diese erblicken, finden wir uns auf einer Art Lichtung wieder. Die am Hang liegende Wiese rund um das Haus wird auf drei Seiten von Wald umschlossen, die vierte bildet ein kleiner Strand mit Blick auf den See.
Mit unserer Ankunft beginnt der gewohnte Ablauf: Erst Rucksäcke abstellen und kurz entspannen, dann das Abendessen und dann die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz. Beim Kochen und Essen sind wir dieses Mal deutlich weniger fix und fertig als gestern. Wir schaffen es sogar problemlos, uns mit dem neuseeländischen Ehepaar zu unterhalten, das uns gegenübersitzt.
Bald darauf werden ein letztes Mal für heute die Wanderschuhe geschnürt. Wir müssen den Track noch ein bisschen weitergehen, denn am liebsten wollen wir unser Zelt zwischen dem Weg und dem See aufschlagen – auf der anderen Seite geht es zu steil den Berg hinauf, um eine auch nur halbwegs gemütliche Nacht verbringen zu können.
Endlich finden wir eine geeignete Stelle, die sich wieder sehr von unseren bisherigen Schlafplätzen unterscheidet: Von Bäumen und Unterholz umgeben und auf Moos weich gebettet werden wir sicher tief schlummern. Zwar sind wir hier vielleicht nicht ganz 500 Meter vom Track entfernt (hust, genau genommen sind es wahrscheinlich nicht einmal 100 Meter) aber wir sind gut vor Blicken geschützt.
Kurz vor dem Schlafengehen checken wir noch schnell wie sich ein Kiwi anhört – und in der Nacht sind wir uns ziemlich sicher, welche schreien zu hören.

Tag 4
Der Morgen beginnt trocken; eine erfreuliche Überraschung, denn für die Nacht war Regen angesagt. Das Wetter meint es anscheinend wirklich gut mit uns. Nach dem Zeltabbau sind wir erst einmal erleichtert, alle drei Übernachtungen ohne eine 200 Dollar Strafgebühr überstanden zu haben. Dann machen wir uns auf zur Hütte, frühstücken – wobei wir heute tatsächlich noch einige Leute antreffen und erfahren, dass einem armen Kerl von einem Kea der Schuh gestohlen wurde – und machen uns dann auf den Weg.
Wie auch gestern marschieren wir zunächst ein gutes Stück durch den Wald. Der Pfad ist nahezu eben, sodass erneut Lungenkapazität für ausgiebige Gespräche bleibt. Gut so, denn irgendwie ist dieses Wegstück nicht wahnsinnig spannend. Vielleicht liegt das aber auch ein wenig an dem Wunsch, endlich anzukommen.
Irgendwann wandelt sich der Wald in eine offene, schon interessantere Sumpflandschaft, die wir häufig mithilfe von Holzstegen überschreiten. Immer wieder durchqueren wir jedoch auch lichten Wald, wodurch die Strecke insgesamt etwas abwechslungsreicher wird. Trotzdem: Mit der grandiosen Aussicht an Tag zwei kann das hier einfach nicht mithalten.
Wir passieren die Rainbow Reach, eine Stelle, von der aus man zu einem Parkplatz laufen und dann einen Bus nach Te Anau nehmen kann. Wir aber wollen uns den Rest natürlich auch noch geben – wennschon, dennschon – und marschieren weiter. Mittlerweile laufen wir am Waiau River entlang, der vom Lake Te Anau in den Lake Manapouri fließt. Je weiter wir kommen, desto öfter treffen wir auch wieder auf Tageswanderer, eine walkende Omi, eine verrückt schnelle Joggerin mit blauen Haaren. Noch einmal durchqueren wie Wetland, dann nochmal Wald… so langsam erinnert die Umgebung schon sehr an das Gelände, in dem wir losgelaufen sind. Wir werden ungeduldig und laufen schneller: Fast sind wir da!
Vorbei an den Control Gates (hier werden keine Wanderer kontrolliert, sondern der Wasserabfluss aus dem See), dann auf einem breiten Kiesweg durch das parkähnliche Gebiet, das streng genommen nicht mal mehr zum Keplertrack gehört und dann – das – letzte – Stück – bis zum – Carpark –
Wir haben es geschafft.
Erschöpft und stolz tätscheln wir Udo, setzen den Rucksack ab und uns auf den Bordstein uns strecken unsere Beine aus. Später Mittag ist es jetzt und vor ziemlich genau 74,5 Stunden sind wir hier losgelaufen auf eine Reise 60 km durch Fiordland.
Was für eine Herausforderung – und was für eine unschätzbare Erfahrung.

Vorher

Nachher