Wasserfälle in Hinewai

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lesen wir auf dem Tor zum Hinewai Nature Reserve and Wildlife Sanctuary. Trotz dieser klaren Ansagen stoßen wir hier auf einen herzlichen Empfang. Liebevoll handgefertigte Holzschilder weisen hin auf Parkplätze und die Richtung zu verschiedenen sehenswerten Punkten, die man von hier aus zu Fuß erreichen kann. Auf dem Weg zum Visitor Center, der grasbewachsen und leicht zugänglich ist, entdecken wir weitere dieser Schilder, die wirklich hübsch anzusehen sind und uns hier über Exemplare der einheimischen (oder auch eingewanderten) Flora informieren. Wir sind beeindruckt von der Sorgfalt und Mühe, die der Manager wohl in diesen Park investiert – besonders, als wir am Visitor Center neben einigen Warnhinweisen (Don’t pull out the foxgloves) und einer detailreichen Karte eine persönliche Notiz von ihm vorfinden, die seine Abwesenheit entschuldigt.

Wir schnappen uns eine Broschüre und es geht los auf dem West Track. Noch immer laufen wir auf Gras und der breite Weg mit leichtem Gefälle erlaubt es, die fantastische Umgebung ausgiebig zu betrachten. Dicht bewaldete Hügel ringsum, die sich in Richtung Meer allmählich in schroffe, grüne Klippen verwandeln und die türkisblaue Otanato Bay säumen. „Wie in der Kerrygold-Werbung“, meine ich mit Blick auf die Klippen. Wie in Cornwall, findet Niklas.

Doch das ändert sich bald. Nach einigen relativ gemütlichen Wegminuten befinden wir uns plötzlich mitten im Urwald. Hohe, fremdartig wirkende Bäume, feuchte Erde überall, Lianen und natürlich Farne über Farne – für die ist Neuseeland auch berühmt und allein in diesem Park gibt es 60 verschiedene Arten.

Nun erreichen wir auch schon das erste Ziel unserer geplanten Wanderung: Die Fuchsia Falls, einen der vier Wasserfälle, die wir heute sehen wollen. Wir steigen ans Ufer des Flusses hinab – spätestens jetzt bereuen wir es, nicht doch die Wanderschuhe angezogen zu haben. Der Weg ist steil und rutschig, nicht zuletzt wegen der Regenfälle der vergangenen Tage. Der Wasserfall selbst ist weder der größte noch der breiteste, den wir beide je gesehen haben, doch die umgebende Vegetation verleiht der Szenerie einen urtümlichen, fast magischen Klang. Zwei Bäume, die sich einige Meter über dem Fluss kreuzen, lassen einen wie durch ein Tor auf den Wasserfall schauen.

Nach einigen Minuten setzen wir den Weg fort, nun auf dem Big Kanuka Track und umgeben von Vogelrufen und Wasserrauschen. Mal ist durch den regenwaldähnlichen Bewuchs der Himmel kaum zu erahnen, mal laufen wir durch lichte, ordentliche Waldstücke mit wenig Unterholz, in denen sich die Bäume wie in einer Allee fein säuberlich entlang des Weges aufreihen. Immer wieder überqueren wir Flüsse mithilfe von kleinen Holzbrücken, sodass wir vor lauter Wasser irgendwann nicht mehr wissen, um welchen Strom es sich wo handelt.

Ein interessanter Zeitgenosse begegnet uns, als wir uns mal wieder in urwaldartigem Terrain befinden. Hier stoßen wir auf einen buchstäblich (!) ellenlangen Regenwurm, der manch empfindliches Gemüt sicher zum Zittern hätte bringen können. Das erklärt dann auch die großen Löcher im Boden.

Wir befinden uns nun auf dem South Track, der uns bald zu unserer zweiten Station, den Ghost Falls, führt. Wie wir feststellen müssen, sind diese weitere zwölf Minuten vom Track entfernt. Ab jetzt wird es richtig abenteuerlich und unsere Wanderschuhe vermissen wir schmerzlich: Steile, rutschige Wegabschnitte, umgestürzte Bäume, wuchernde Pflanzen und nicht zuletzt einige notwendige Flussquerungen – wohl gemerkt ohne Brücke. Der Weg über die Steine ist definitiv nur etwas für sportliche Besucher und nach ein paar erfolgreichen Passagen mache auch ich mir leider die Füße nass (und kalt).

Als wir die Ghost Falls dann erreichen, sind wir beide nur mäßig beeindruckt. Das einzig reizvolle sind die Lianen, die dazu anhalten, sich in bester Tarzan-Manier über den Fluss zu schwingen – was wir aus naheliegenden Gründen dann doch lieber sein lassen. Insgesamt gilt für die Ghost Falls wohl eher „Der Weg ist das Ziel“ – wenn man ihn denn auf sich nehmen will.

Kurz vor den Hinewai Falls verlassen wir nach langer Zeit wieder das dichte Blätterdach und stellen fest, dass mittlerweile ein leichter Nieselregen eingesetzt hat, um den bisher einzigen richtigen Sonnentag zu beenden. Wir lassen uns nicht beirren und marschieren tapfer weiter. Nach den sehenswerten Hinewai Falls folgen die wirklich beeindruckenden Boundary Falls, reizvoll vor allem wegen der Brücke, die allein schon optisch die Szenerie extrem bereichert und es uns ermöglicht, den Fluss in nächster Nähe zum Wasserfall zu überqueren.

Ab dann führt der Weg zurück zum Visitor Center. Der East Track, den wir nun gehen, führt uns endgültig aus dem Regenwald heraus, bringt uns aber trotz des grasbewachsenen Untergrunds ganz schön ins Schwitzen: Der Pfad ist so steil, dass wir für den kühlenden Regen fast schon dankbar sind. Auf diesem Stück hätte man auch wieder einen schönen Blick auf die umliegenden Gipfel gehabt, wären diese nicht von Wolken, Regen und Nebel verhangen. Das Meer ist nicht mehr zu erahnen… Dafür hat das Wetter auch etwas Dramatisches.

Als wir erschöpft an unserem Auto ankommen, sind wir nass, aber auch zufrieden. Trotz des Wetterumschwungs konnten wir die Wanderung genießen. Sie hat uns weit mehr gefordert als zuvor erwartet und uns einen fantastischen Einblick in die vielfältige Natur dieses Ortes gegeben.

Mit einem guten Gefühl treten wir die Weiterfahrt an – und machen das Tor natürlich gut hinter uns zu.

Ausflug am 30. November 2018

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Kommentare

2 Antworten zu „Wasserfälle in Hinewai“

  1. Avatar von Ewald und Gertrud
    Ewald und Gertrud

    Ein Lob dem Internet: meint die Omama, so können wir durch euren Blog und den phantastischen Bildern den Text von dir, Angi, der uns eure Tour mit erleben lässt, fast als wären wir dabei. Der „Wandergrossi“ freut sich ganz besonders dass seine Liebe und Begeisterung für die Natur und das Wandern sich bei euch fortsetzt.
    Weiter so, interessante und spannende Erlebnisse mit Land und Leuten wünschen euch
    Großi und Omama
    PS: Bleibt gesund und munter, wir freuen uns auf neue Erlebnisberichte und besonders auf das Wiedersehen

    1. Avatar von Angelina Greis
      Angelina Greis

      Jaja, manchmal ist das Internet eben doch zu etwas gut! Wir freuen uns, dass ihr uns gerne auf der Reise begleitet:)
      Wanderungen kommen noch so einige, da darf sich der Wandergroßi freuen… Wandere in Gedanken doch einfach mal mit;)
      Spannende Erlebnisse kommen bestimmt.
      Auf das Wiedersehen freuen wir uns allerdings auch schon ein wenig.